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Mindestsatzhonorar nach HOAI 2013 geltend machen


Ein Beitrag von Rechtsanwalt René Ritter

Architekten stocken auf!

Nicht nur Gebäude, sondern auch ihre Honoraransprüche. Die Wiederbelebung der Mindestsätze gemäß der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) in der Fassung aus dem Jahr 2013 durch den europäischen Gerichtshof (EuGH) macht es möglich.

Paukenschlag des EuGH

Rückblende: Vor mehr als drei Jahren hatte der EuGH noch entschieden (Urteil vom 04.07.2019, Rs. C-377/17), dass die Bundesrepublik Deutschland mit ihrer HOAI und deren verbindlichen Höchst- und Mindestsatzhonoraren gegen die sog. Dienstleistungsrichtlinie und damit gegen EU-Recht verstößt. Mit einem Paukenschlag und für viele überraschend, entschied der EuGH nun aber Anfang des Jahres mit seinem Urteil vom 18.01.2022 (C-261/20), dass die europarechtswidrigen Regelungen zum Mindestsatz der HOAI 2013 zwischen Privaten weiterhin verbindlich sind.

Schlussstrich des BGH

Mit seinem aktuellen Urteil vom 02.06.2022 (VII ZR 229/19) hat nun auch der Bundesgerichtshof (BGH) einen Schlussstrich gezogen und geurteilt, dass

„1. § 7 HOAI 2013 kann nicht richtlinienkonform dahin ausgelegt werden, dass die Mindestsätze der HOAI im Verhältnis zwischen Privatpersonen grundsätzlich nicht mehr verbindlich sind und daher einer die Mindestsätze unterschreitenden Honorarvereinbarung nicht entgegenstehen.*)“
(amtlicher Leitsatz)

Möglichkeit von Aufstockungsklagen eröffnet

Dieses Urteil eröffnet die Möglichkeit von Honorar-Aufstockungsklagen der Architekten & Ingenieure für alle Planerverträge, die bis zum 31.12.2020 und somit noch im Geltungsbereich der HOAI 2013 geschlossen wurden. Der Anspruch einer Honorarerhöhung ist gegeben, sobald das Pauschalhonorar das Mindestsatzhonorar unterschreitet.


Beispielfall:

Eine Honorarvereinbarung von 50.000 Euro, also unter Mindestsatz, ist unwirksam gem. § 7 Abs. 1 HOAI. Es liegt kein Ausnahmefall gem. § 7 Abs. 3 HOAI vor. Der Architekt/Ingenieur ist auch nicht gemäß § 242 BGB nach dem Grundsatz von Treu und Glauben an ein den Mindestsatz unterschreitendes Honorar gebunden.

Lösung:

Mangels wirksamer Honorarvereinbarung greift § 7 Abs. 5 HOAI mit der Folge, dass die Vereinbarung des Mindestsatzes in Höhe von 75.000 Euro unwiderleglich vermutet wird. Der Architekt kann das Mindestsatzhonorar geltend machen und die Differenz von 25.000 Euro einklagen.


Prüfung berechtigter Honoraransprüche durch Rechtsanwalt empfohlen

Viele Architekten und Ingenieure haben aufgrund des Urteils des EuGH vom 04.07.2019 bislang davon abgesehen, eine Anpassung des unter den Mindestsätzen der HOAI vereinbarten Honorars an die Mindestsätze der HOAI zu verlangen. Diese sind nun aufgrund der eindeutigen Rechtsprechung des BGH gut beraten, die rechtlichen Möglichkeiten alsbald anwaltlich überprüfen zu lassen und berechtigte Honorarnachforderungen zu verfolgen. Gerne stehen Ihnen hierfür unsere Rechtsanwälte im Bau- und Architektenrecht, Timo Berneit und René Ritter, engagiert und kompetent zur Seite.