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Widerrufsrecht auch beim Werkvertrag möglich!

Ein Beitrag von Rechtsanwalt René Ritter

Jeder hat beim Onlinehandel schon einmal vom gesetzlichen Widerrufsrecht für Verbraucher gehört oder dieses ausgeübt. Aber gibt es ein Widerrufsrecht für Verbraucher auch bei einem Werkvertrag mit einem Handwerker?

Die Antwort lautet: Ja! Auch bei einem Vertrag mit einem Handwerker kann ein gesetzliches Widerrufsrecht für Verbraucher entstehen. Grundsätzlich kennt das Gesetz hierbei zwei mögliche Fallgruppen:

Widerrufsmöglichkeit 1: Werkvertrag außerhalb der Geschäftsräume geschlossen

Schließen Unternehmer und Verbraucher einen Werkvertrag außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers, hat der Verbraucher ein Widerrufsrecht.

Beispielfall:

Der Verbraucher beauftragt einen Heizungsbauer in dessen Geschäft mit der Heizungswartung. Der Heizungsbauer kommt vor Ort und führt die Leistungen aus. Dabei kommt man ins Gespräch und der Handwerker bietet dem Kunden noch vor Ort den Einbau eines neuen Heizkörpers an. Der Kunden erteilt prompt den Auftrag.

Lösung:

Bei dem ersten Auftrag über die Wartung besteht kein Widerrufsrecht, da der Auftrag im Geschäft erteilt wurde. Anders hingegen bei dem Auftrag über den Einbau des Heizkörpers. Hier hat der Verbraucher ein gesetzliches Widerrufsrecht.

Widerrufsmöglichkeit 2: Werkvertrag als Fernabsatzvertrag

Des weiteren steht dem Verbraucher ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, wenn die gesamte zum Vertragsschluss führende Kommunikation zwischen den späteren Vertragspartnern ausschließlich unter Verwendung sog. Fernkommunikationsmittel erfolgt.

Beispielfall:

Der Verbraucher fragt bei einem Maler per E-Mail nach einem Angebot für einen Hausanstrich. Der Maler erstellt das Angebot und mailt dieses an den Verbraucher. Der Verbraucher beauftragt – wieder per Mail – den Hausanstrich gemäß Angebot.

Lösung:

Dem Verbraucher steht ein Widerrufsrecht zu, weil die gesamte Kommunikation per E-Mail erfolgt. Hier liegt die Analogie zum Widerruf beim Onlinehandel.

Gefahr weitreichender wirtschaftlicher Folgen

Die Ausübung des Widerrufsrechts birgt die Gefahr weitreichender wirtschaftlicher Folgen. Denn beim Widerruf verliert der Handwerker den Anspruch auf seinen Werklohn und der Auftraggeber kann alle bereits getätigten Zahlungen vollständig zurückfordern. Der Handwerker hat keine Möglichkeit, entgangenen Gewinn oder eine Aufwandsentschädigung zu fordern. Nur in seltenen Fällen ist vom Verbraucher Wertersatz für das Material zu leisten. Meist geht der Handwerker vollständig leer aus!

Pflicht für Handwerker: Ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung

Sofern der Handwerker den Verbraucher über die Möglichkeit des Widerrufs ordnungsgemäß aufklärt, besteht für den Verbraucher lediglich ein Widerrufsrecht von 14 Tagen. Sollte der Verbraucher innerhalb dieser Frist den Widerruf erklären, so kann der Handwerker einen entgangenen Gewinn sowie eine Aufwandsentschädigung geltend machen.
Ohne ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung beträgt die Widerrufsfrist für den Verbraucher sogar 1 Jahr und 14 Tage ab Vertragsschluss. Bei unterlassener Widerrufsbelehrung verliert der Handwerker des Weiteren seinen Anspruch auf entgangenen Gewinn, Aufwandsentschädigung und Wertersatz.

Vorteil für Verbraucher: Widerrufsjoker

Aus Verbrauchersicht kann es sich als sehr vorteilhaft erweisen, wenn der Unternehmer nicht über das Widerrufsrecht belehrt hat. Das Widerrufsrecht hängt wie ein Damoklesschwert über dem Vertrag, so dass der Verbraucher einen Widerrufsjoker hat, den er fast nach Belieben einsetzen kann. Denn sofern Verbraucher mit den Leistungen des Unternehmers nicht zufrieden sind (aufgrund von Mängeln, Schlechtleistungen oder ähnlichem), stellt der Widerruf des Vertrages bei fehlender Widerrufsbelehrung eine gute Möglichkeit dar, sich vom Vertrag mit dem Unternehmer zu lösen und alle getätigten Zahlungen zurückzufordern. Allerdings muss der Verbraucher unbedingt beachten, dass er bei einem Widerruf zwar unter Umständen eine kostenlose Leistung erhält, aber durch den Widerruf auch den Anspruch auf Gewährleistung verliert.

Fazit: Prüfung des Widerrufsrechts durch Rechtsanwalt empfohlen

Unternehmer sollten ihre Auftragspraxis dringend überprüfen und sich anwaltlich beraten lassen, ob und wie eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erfolgen muss. Verbraucher hingegen haben oftmals keine Kenntnis von den Widerrufsmöglichkeiten und sollten ebenfalls nicht zögern, in diesem Fall anwaltliche Hilfe zu suchen. Gerne stehen Ihnen hierfür unsere Rechtsanwälte im Bau- und Architektenrecht, Timo Berneit und René Ritter, engagiert und kompetent zur Seite.