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Covid-19 – Betroffene Gewerbemieter sollten Zahlungen unter Vorbehalt stellen

Adidas und andere habe es vorgemacht – und sind dafür öffentlich hart kritisiert worden. Mehrere Unternehmen habe in den letzten Tagen angekündigt, Mietzahlungen für Gewerbeflächen, die derzeit wegen administrativer Nutzungsuntersagungen, die zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie ergangen sind, nicht genutzt werden dürfen, (erst einmal) nicht zu erbringen.

Doch ist das Verhalten dieser Unternehmen nicht rechtswidrig oder Ausdruck einer grob gemeinschaftswidrigen Gesinnung, wie einige scheinbar empörte Äußerungen von politischer Seite nahelegen, sondern schlicht Anwendung geltenden Rechts und – im Einzelfall zu prüfender – vertraglicher Risikoverteilung.

Dabei folgt dieses – insoweit hat die derzeit sehr empörte Bundesjustizministerin Recht – tatsächlich nicht auf der aktuellen pandemiebedingten Gesetzgebung.

Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht gewährt nämlich, entgegen so mancher Behauptungen in der Öffentlichkeit – nicht einmal einen Zahlungsaufschub für Mietzahlungen, sondern lediglich ein Kündigungsverbot aufgrund eines Mietrückstandes, soweit der Mieter einen Zusammenhang zwischen seiner Nichtleistung und der Covid-19-Epidemie glaubhaft macht. Insbesondere auch eine etwaige Verzinsung der nicht geleisteten Mieten entfällt nicht, so dass man nur einem Mieter, der aktuell erhebliche Liquiditätsschwierigkeiten hat, zur Nichtzahlung von Mieten aus diesem Grunde raten könnte.

Allein, die Sondergesetzgebung verhindert auch keine Zahlungsklagen!

Zurückzugreifen ist zur Klärung der Frage, ob Miete geschuldet ist oder nicht allein auf die gesetzliche Risikoverteilung, welche der Gesetzgeber schon immer insbesondere für den Fall der Nichtnutzbarkeit des Mietobjekts in § 536 BGB getroffen hatte.

Danach ist für die Frage, ob und inwieweit Miete geschuldet wird, entscheidend, ob und inwieweit das Mietobjekt zu dem vereinbarten oder von den Vertragsparteien vorausgesetzten Zweck geeignet ist.

Was das in Zeiten behördlicher Verbote bedeutet ist keinesfalls eine neue Frage. Sie ist von der Rechtsprechung – schon sehr lange – geklärt.

Am 10. August 1914 trat in Großberlin – infolge des Kriegsbeginns – ein allgemeines Tanzverbot in Kraft.

Der Mieter eines zum Zwecke des Betriebes von Tanzveranstaltungen angemieteten Restaurationsbetriebes in Halensee (Berlin-Grunewald) minderte daraufhin die Miete – und das Reichsgericht gab ihm schließlich in einem Urteil vom 09.11.1915 (Rep. VIII 145/15 – abgedruckt in RGZ 87, 277) Recht.

Das Reichsgericht urteilte schon damals, dass die Nichtnutzbarkeit des Mietobjekts zum vereinbarten Zweck, welche auf einer behördlichen Anordnung beruht, einen Fehler des Mietobjekts darstellt.

Weder an der objektiven Rechtslage noch an der Rechtsprechung hierzu hat sich aus seither irgendetwas geändert. Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsauffassung erst im Jahre 2013 ausdrücklich bestätigt (Urteil vom 20.11.2013, XII ZR 77/12).

Daher ist Mietern gewerblicher Flächen, die derzeit wegen administrativer Verbote nicht genutzt werden können, dringend zu empfehlen, Mietzahlungen jedenfalls nur unter Vorbehalt zu erbringen und eine baldige – notfalls gerichtliche – Klärung herbeizuführen. Wegen der fehlenden Klärung im Zusammenhang mit der aktuellen Pandemie und den hohen im Misserfolgsfalle zu zahlenden Zinsen ist die Vorbehaltszahlung mit anschließender Rückforderung im Regelfall der sicherere Weg.

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Für Fragen rund um dieses Thema steht Ihnen Rechtsanwältin Nadia Thibaut als kompetenter Ansprechpartner gerne zu Verfügung.