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Coronavirus: Maßnahmen am Arbeitsplatz – Maskenpflicht und Attest – Müssen Arbeitnehmer die Diagnose offenlegen?

Ein Beitrag von Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Nadia Thibaut, Bernard Korn & Partner, Wiesbaden/Mainz/Bad Kreuznach.

Die zweite Welle der Coronapandemie hat Deutschland derzeit fest im Griff und wieder erhebliche Einschränkungen nicht nur im Privatleben, sondern auch in der Arbeitswelt zur Folge. Soweit vorgeschrieben müssen Arbeitgeber Hygienemaßnahmen einhalten. Wo Mindestabstände nicht eingehalten werden können, muss ein „Mund-Nase-Schutz“ (fortan auch: Corona-Schutzmaske, Schutzmaske oder Maske) getragen werden. Das Tragen von Schutzmasken führt nicht selten zu Unmut im betrieblichen Alltag und wirft viele Fragen auf. Dieser Beitrag befasst sich mit hochaktuellen Fragen rund um die Maskenpflicht am Arbeitsplatz und die Vorlage eines ärztlichen Befreiungsattestes, das dem Arbeitnehmer bescheinigt, dass ihm das Tragen einer Maske aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist.

 

Hier die wichtigsten Grundsätze

 

1. Arbeitsschutzpflichten des Arbeitgebers 

Soweit vorgeschrieben müssen Arbeitgeber Hygienemaßnahmen einhalten. So müssen beispielsweise Möglichkeiten der Handdesinfektion und Einrichtungen für ein regelmäßiges Händewaschen zur Verfügung gestellt, Mindestabstände eingehalten und da, wo erforderlich, Schutzmasken getragen werden. Soweit aktuell Hygienemaßnahmen vorgeschrieben sind, muss der Arbeitgeber die Einhaltung auch überwachen. Bei Verstößen drohen ihm empfindliche Strafen und Bußgelder.

Soweit für den betreffenden Betrieb nicht von Gesetzes wegen (durch Coronaverordnungen) oder behördlich (durch Allgemeinverfügungen) bereits konkrete Schutzmaßnahmen vorgeschrieben sind (wie z.B. die Maskenpflicht für Friseurbetriebe), ergibt sich die Pflicht des Arbeitgebers Maßnahmen zur Gewährleistung des Arbeitsschutzes zu ergreifen, aus § 618 BGB und vor allem aus dem Arbeitsschutzgesetz. Hiernach hat der Arbeitgeber im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Diese Gefährdungsbeurteilung wird derzeit häufig u.a. zu dem Ergebnis kommen, dass überall dort, wo Mindestabstände nicht eingehalten werden können, zur Verringerung des Ansteckungsrisikos ein Mund-Nase-Schutz getragen werden soll bzw. muss.

 

2. Grundsätzliche Pflicht des Arbeitnehmers zum Tragen einer Schutzmaske

Der Arbeitgeber kann (und muss) das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes im Betrieb seinen Arbeitnehmern gegenüber durch Ausübung seines Weisungsrechtes umsetzen. Rechtsgrundlage ist § 106 Gewerbeordnung (GewO). Danach kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen bestimmen. Einer zulässigen Anordnung des Arbeitgebers zum Masketragen hat der Arbeitnehmer prinzipiell nachzukommen.

 

3. Ausnahmen von der Maskenpflicht – kein Maskenzwang möglich

Bei der Ausübung seines Ermessens muss der Arbeitgeber jedoch auf schutzwürdige Belange des Arbeitnehmers – insbesondere auf etwaige Behinderungen des Arbeitnehmers – Rücksicht nehmen. Ist es dem Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich, eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, würde die Anweisung, bei der Arbeit eine Maske zu tragen, auf seine Leiden keine Rücksicht nehmen. Würde das Maskentragen dennoch angewiesen, würde eine solche Weisung meines Erachtens das dem Arbeitgeber eingeräumte Ermessen überschreiten und wäre daher unzulässig. Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer nämlich nicht gesundheitsgefährdend zum Masketragen zwingen, sondern muss prüfen, ob und wie der Arbeitnehmer für die Dauer des pandemiebedingten Ausnahmezustandes leidensgerecht alternativ eingesetzt werden kann.

 

4. Nachweis der Befreiung von der Maskenpflicht durch ärztliches Attest

Behauptet ein Arbeitnehmer, aus gesundheitlichen Gründen eine am Arbeitsplatz vorgeschriebene Maske nicht tragen zu können, kann der Arbeitgeber von dem Arbeitnehmer die Vorlage eines ärztlichen Attests verlangen, welches die Befreiung von der Maskenpflicht belegt. Dieser Aufforderung hat der Arbeitnehmer unverzüglich nachzukommen.

 

5. Konsequenzen bei Nichtvorlage eines Attests 

Legt der Arbeitnehmer kein ärztliches Attest vor, das ihn von der Maskenpflicht befreit, und trägt er trotz entsprechender Aufforderung des Arbeitgebers die vorgeschriebene Schutzmaske nicht, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer abmahnen und/oder ihm – bei wiederholten bzw. beharrlichen Verstößen – verhaltensbedingt kündigen. Welche arbeitsrechtliche Konsequenz zulässig ist, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab.

 

6. Pflicht zur Vorlage eines „aussagekräftigen“ Attests und zur Offenlegung der Diagnose?

Um arbeitsrechtliche Konsequenzen zu vermeiden legen daher derzeit viele Arbeitnehmer ärztliche Atteste vor, die ihnen eine Befreiung von der Maskenpflicht bescheinigen. Das Attest allein reicht aber dem einen oder anderen Arbeitgeber nicht. Er möchte die Gründe der Befreiung erfahren.

Sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer stellt also nun die Frage: Muss der Arbeitnehmer die Gründe der Befreiung von der Maskenpflicht offenlegen oder nicht? 

Arbeitsgerichtliche Entscheidungen zur Maskenpflicht am Arbeitsplatz liegen, soweit ersichtlich, derzeit noch nicht vor (Stand 19.11.2020). Auf eine gefestigte Rechtsprechung kann daher leider noch nicht zurückgegriffen werden.

Bei der Beantwortung dieser Frage sind nach der hier vertretenen Auffassung die Grundsätze anzuwenden, die im Falle der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit gelten. Danach ist der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht verpflichtet, dem Arbeitgeber seine Krankheitsdiagnose offenzulegen (vgl. auch: https://www.ckb-anwaelte.de/coronavirus-befreiung-von-der-maskenpflicht-am-arbeitsplatz-ist-ein-aussagekraeftiges-attest-erforderlich/).

Auch für den Nachweis der Befreiung von der Maskenpflicht bedarf es meines Erachtens daher keines ärztlichen Attestes, das die Diagnose enthält bzw. offenlegt. Der Befreiungsgrund muss dem Arbeitgeber nicht mitgeteilt werden. 

Um dem Arbeitgeber gegenüber zu belegen, dass der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen eine am Arbeitsplatz vorgeschriebene Maske nicht tragen kann, ist vielmehr eine allgemein gehaltene, ärztliche Bescheinigung ausreichend. Dies gilt jedenfalls für den „Otto-Normal-Arbeitnehmer“, der aufgrund arbeitgeberseitiger Weisung (und nicht aufgrund öffentlich-rechtlicher Pflichten) bei seiner Arbeit eine Maske tragen soll.

Damit der Arbeitgeber eine neue Gefährdungsbeurteilung für den betreffenden Arbeitsplatz vornehmen kann und der Verdacht eines Gefälligkeitsattests garnicht erst aufkommt, sollte sich aus der ärztlichen Bescheinigung meines Erachtens idealerweise zudem ergeben, wann genau und wie sie erstellt worden ist (persönliche Untersuchung oder nach fernmündlicher Diagnose) sowie Angaben darüber enthalten, ob der Arbeitnehmer nur bestimmte Mund-Nase-Bedeckungen nicht tragen kann oder ihm das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes generell nicht möglich ist.

 

7. Folge der Vorlage eines Befreiungsattests

Hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer angewiesen, bei seiner Arbeit eine Maske zu tragen und legt der Arbeitnehmer daraufhin ein nicht zu beanstandendes, ärztliches Befreiungsattest vor, gilt zunächst einmal die Vermutung der Richtigkeit des Befreiungsattests. Der Arbeitgeber muss dann prüfen, ob und wie der Arbeitnehmer leidensgerecht eingesetzt werden kann.

Will der Arbeitgeber hingegen trotz Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung arbeitsrechtliche Konsequenzen ziehen, weil er den Arbeitnehmer für uneingeschränkt arbeitsfähig hält, kommt es darauf an, ob im Einzelfall konkrete Tatsachen vorliegen, die den Beweiswert des Befreiungsattestes erschüttern und davon auszugehen ist, dass ein bloßes Gefälligkeitsattest vorgelegt wurde. Nur und erst dann kann der Arbeitgeber arbeitsrechtlichen Konsequenzen aus dem Nichtragen der Maske ziehen.

 

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Weitere Informationen über Rechtsanwältin Thibaut finden Sie hier:

https://www.ckb-anwaelte.de/team/nadia-thibaut/.

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht finden Sie hier:

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